Teil 9: Probeleser
Als Probeleser bat ich meinen Vater, meine Tante und meinen Schwiegervater um Hilfe.
Meinen Vater, weil er gute grammatikalische Kenntnisse hat, meine Tante, weil sie sehr konkret sagen kann, was gut und was schlecht ist und mein Schwiegervater, weil er sehr viele verschiedene Bücher liest und daher die Geschichte an sich und die Lesbarkeit gut beurteilen kann.
An dieser Stelle werden jetzt einige aufschreien und sagen: Das muss von einem Lektor gelesen werden! Normale Leute können das gar nicht beurteilen! Sowas ist total unprofessionell!
Das ist natürlich in gewisser Weise richtig. Die Frage, die man sich allerdings stellen muss: Kann ich mir das als Selfpublisher, der keinen Verlag zur Seite hat, leisten?
Ein Lektor arbeitet schließlich auch nicht umsonst. Da kann man schnell mal bei 1.900€ landen.
Wie komme ich auf diese Summe?
In der Regel berechnen Lektoren pro Normseite ab. Die VG Wort* versteht unter einer Normseite eine Standartseite mit 1.500 Zeichen. Möchte man nun den Preis des Lektors anhand dieses Maßstabs errechnen, nimmt man (z.B.) in Word die Zeichenzahl mit Leerzeichen (da diese zu den Wörtern zählen) und teilt diese durch 1.500. Damit hat man die Anzahl der Normseiten.
Wie gesagt, das ist der Maßstab der VG Wort, ein Lektorat ist jedoch nicht daran gebunden. Er kann auch mit den für Schreibmaschinen vorgegebenen Zeichen von 1.800 oder irgendwas (dazwischen) rechnen.
In meiner Berechnung ging ich von den Maßstäben der VG Wort aus. Mein erstes Buch hat 485.240 Zeichen. Das geteilt durch 1.500 sind gerundet 324 Normseiten. Im Durchschnitt rechnet ein Lektor mit 6€ pro Normseite ab.
Bei meinem Buch käme ich somit auf ein Honorar von 1.944€ (!)
Wie wahrscheinlich ist es, dass allein diese Kosten durch den Bücherverkauf wieder reinkommen? Schwindend gering. Für einen Buchverkauf erhält man im Schnitt 2€. Da müsste das Buch schon ziemlich durch die Decke gehen, um zumindest auf 0€ zu kommen. Mit so einem Glück ist eher weniger zu rechnen.
Am Ende muss jeder für sich selbst entscheiden, ob ihm es das Geld wert ist. Ich finde allerdings, dass es genug (online) Programme gibt, die eine sehr gute grammatikalische Korrektur anbieten und weit weniger kostspielig sind. Außerdem ist die Chance bei drei Probelesern Fehler auszumerzen doch recht hoch. Vor allem, wenn sie vorgenannte Fähigkeiten mitbringen.
Jedenfalls erhielt ich die erbetene Unterstützung meiner Verwandten und bekam auch ziemlich schnell Feedback von ihnen. Durch meine Tante, habe ich viele Passagen nochmal umgeschrieben oder ergänzt, weil diese einfach nicht gut waren oder nicht so rüber kamen, wie ich es beabsichtigt hatte. Durch meinen Vater konnte ich einige Satzbaufehler und Rechtschreibfehler noch ausmerzen. Und mein Schwiegervater gefielen vor allem die Action-Szenen.
Bevor ich jedoch einen Probedruck an meine Probeleser rausgeben konnte, musste ich noch das Cover des Buches gestalten.
Und da kamen die nächsten Hürden auf mich zu.
* Die VG Wort (ausgeschrieben "Verwertungsgesellschaft Wort") verwaltet die Tantiemen aus Zweitverwertungsrechten an Sprachwerken, Funk und Fernsehen in Deutschland.
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Eingestellt am: 15.11.2020